Sonntag, 29. Juli 2007

Nightfall

Du sitzt im Zimmer nebenan. Ich könnte rübergehen, meine Arme um dich legen und dir einen Kuss auf die Schulter geben. Es wäre normal. Aber es fühlt sich nicht so an. Deshalb mache ich es nicht.

Einmal hatte ich gehofft, dass du eines Tages neben mir liegen würdest und du das sein würdest, was vom Tage übrig bleibt und das, womit jeder Tag beginnt. Seit fünf Wochen schlafe ich jeden Abend in deinen Armen ein und du wachst in meinen auf. Aber es ist nicht der Tag, der du bist. Es ist die Nacht.

Denn nachts gehen wir dasselbe Tempo. Ich werde langsamer und brauche dich, damit du mich auffängst von den Stürzen des Tages. Du wirst stärker und hältst alles von mir fern und mich fest. Nachts atmen wir gleich. Du an meiner Stirn, ich an deiner Schulter. Nachts fühlt es sich nicht verkehrt an, dich auf die Schulter zu küssen, in dich hineinkriechen zu wollen, Melodien mit meinen Händen auf deinen Körper zu trommeln. Nachts fühlt es sich nicht verkehrt an, dich zu lieben.

Dann verlieren wir beide das Bewusstsein und nur manchmal, wenn wir nachts aufwachen, suchen wir einander im Dunkeln. Du mich. Ich dich. Wenn wir uns gefunden haben, schlafen und träumen wir weiter.

Wenn die Nacht vorbei ist, weil der Wecker klingelt – der in meinem Handy oder der in meinem Kopf – wischen wir uns den Schlaf aus den Augen und die Nähe von der Haut.

Wir führen unterschiedliche Leben, wenn wir nach draußen in die taghelle Welt stürzen. Wir finden nicht mehr selbstverständlich und blind zueinander, sondern müssen für einander stehen bleiben, nach einander Ausschau halten, uns beim Namen rufen, uns zueinander vortasten. Manchmal bleibe ich auf halbem Weg stehen, wenn ich meine Hand nach dir ausstrecke. Und ich frage mich warum. Manchmal bleibe ich nicht stehen und ich frage mich warum.

Ich weiß nicht, ob wir an den Tagen verlieren, was wir in den Nächten gewinnen. Ob wir überhaupt verlieren und gewinnen. Aber ich beginne zu verstehen, dass es darauf gar nicht ankommt.
*****
Come, gentle night, come, loving, black-brow'd night,
Give me my Romeo; and, when he shall die,
Take him and cut him out in little stars,
And he will make the face of heaven so fine
That all the world will be in love with night
And pay no worship to the garish sun.
lube - 31. Jul, 09:34

immer prüfst du sehenden auges, ob die realität mit deiner wirklichkeit übereinstimmt. schließe einfach auch mal am tag die augen und versuche darauf zu vertrauen, dass die welt nicht in diesem moment umstürzt.


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